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7 effektive Wege aus der Quarterlife-Crisis: Erkenntnisse aus der therapeutischen Arbeit mit Millennials.

Bist Du zwischen 1980 und 2000 geboren? Dann gehörst Du zur Generation der „Millennials“ oder auch „Generation Y“. Ein Milennial ist nun zwischen 20 und 40 Jahre alt. Krisen, die in diesem Alter – also am Ende des ersten Lebensviertels – aufkommen, werden populärwissenschaftlich analog zur Midlife-Crisis als Quarterlife-Crisis bezeichnet1.

Ob Zufall oder nicht – 80 Prozent der PatientInnen, mit denen ich bisher zusammengearbeitet habe, gehören zur Generation der Millennials. In diesem Zuge sind mir Gemeinsamkeiten in den Problemen und Themen aufgefallen – Probleme, mit denen auch ich mich identifizieren kann, denn auch ich gehöre zu den Milennials. Ich habe mir die Frage gestellt, ob es diese Quarterlife-Crisis wirklich gibt. Sind Menschen nach dem ersten Lebensviertel überdurchschnittlich oft in Krisen? Und wie genau sieht diese Quarterlife-Crisis im Fall der Millennials aus? All diese Fragen versucht dieser Artikel zu beantworten. 

Dieser Artikel ist unter anderem relevant für Dich, wenn Du…

  • ein Millennial bist.
  • wissen möchtest, mit welchen Herausforderungen ein Millennial im Jahr 2020 konfrontiert ist.
  • erfahren möchtest, ob es die Quarterlife-Crisis gibt.
  • Dich vergewissern möchtest, ob Du in der Quarterlife-Crisis bist, sie schon hattest oder noch erleben wirst.
  • Wege finden möchtest, um aus der Quarterlife-Crisis herauszukommen.

Herausforderungen an Millennials

Über die Jahre hat sich der Kontext, in dem sich junge Erwachsene befinden, sehr verändert. Junge Menschen sind heutzutage mit einer Vielzahl an Herausforderungen konfrontiert, welche früheren Generationen in der Form nicht kennen. Das liegt daran, dass junge Erwachsene in westlichen Industrienationen heute nach dem 18. Lebensjahr meist noch 10 Jahre warten, bis sie eine Familie gründen und sesshaft werden. 

Was passiert in diesen 10 Jahren typischerweise? 

In der Regel widmen sich Millennials in dieser Zeit der Erforschung ihrer eigenen Persönlichkeit und der Qualifizierung zu einem Beruf2. Sie schnuppern in unterschiedliche Berufe hinein, machen Praktika. Die Mehrheit studiert. Es werden unterschiedliche Städte und Länder erkundet, man lebt mal hier mal dort. Man ist in unterschiedlichen Beziehungen oder „auf der Suche“. Freunde kommen und gehen. Es ist eine Phase der Exploration. Eigentlich hört sich das toll an: Freiheit, Flexibilität, Abenteuer. 

Leider gibt es auch eine Kehrseite der Medaille. Mit der Möglichkeit zur Selbstfindung kommt nämlich auch der Druck zur Selbstfindung. Die Idee ist ja, dass man nach der Phase der Exploration irgendwie den Übergang zu einem tollen Beruf, der ideal zu einem passt, und einem Partner, mit dem man sich Familiengründung vorstellen kann, geschafft hat. Aber der Weg zu diesem Ziel ist unklar. Irgendwie soll man Erfahrungen machen, sich ausprobieren. Aber Ausprobieren kann auch schnell in ein Gefühl der Ziellosigkeit ausarten.

Was ist denn, wenn die Erfahrungen, die man macht, einen nicht auf natürliche Art und Weise zum idealen Job und Partner führen? 

Das Ergebnis: Die Quarterlife-Crisis

Eine Krise im jungen Erwachsenenalter entsteht überdurchschnittlich häufig im Alter zwischen 25 und 35 Jahren und dauert dann ca. ein Jahr3. 70 Prozent aller 30-jährigen in Großbritannien berichtet eine solche Krise in den 20ern persönlich erlebt zu haben4. Bei der Quarterlife-Crisis handelt es sich um eine Entwicklungskrise, welche in dieser Form bisher nur in westlichen Industrieländern nachgewiesen werden konnte. 

Die Quarterlife-Crisis wird ausgelöst, wenn eine Person versucht „sesshaft“ zu werden, aber dann mit der Situation überfordert ist. Entweder kann das passieren, wenn die Person keinen Erfolg beim Finden eines Jobs oder Partners hat. Oder sie hat zwar einen Job oder Partner gefunden, erlebt diesen aber nicht als perfekte Passung. Es kann ein Gefühl der Unsicherheit, Panik oder Verzweiflung entstehen. Typische Probleme, die als Auslöser für eine solche Krise gesehen werden können sind3

ProblemGründe
Du findest keinen (passenden) Job.Anspruch vs. Realität
Geringe Einstiegsgehälter
Konkurrenzdruck
Du hast Probleme, Dich an eine neue Rolle und Umgebung am Arbeitsplatz zu gewöhnen.Feste Arbeitszeiten
Unterordnung vs. Behauptung
Selbstzweifel
Du hast finanzielle ProblemeWegfall von Ausbildungsförderung Geringe Einstiegsgehälter
Rückzahlung von Studiengebühren
Phasen von Lohnausfall durch Arbeitslosigkeit
Dein soziales Leben leidet.Freunde sind über die Welt verstreut.
Weniger Freizeit durch Beruf.
Weniger Möglichkeiten zum Kontakte knüpfen.
Du hast Beziehungsprobleme.Weniger Zeit für bestehende Partnerschaft.
Trennungen.

Wie kommst Du aus der Quarterlife-Crisis wieder heraus?

Wenn Du das Gefühl hast, dass Du Dich mitten in einer solchen Quarterlife-Crisis befindest, dann fragst Du Dich wahrscheinlich, ob und wann das nochmal besser wird, und wie Du das beschleunigen kannst. Darum sind hier ein paar Tipps: 

1. Tipp: Es liegt nicht an Dir, viele Menschen in Deinem Alter erleben das!

Wenn Du momentan das Gefühl hast irgendwie versagt zu haben, lass Dir gesagt sein: Dieses Gefühl ist völlig normal. Die impliziten Anforderungen, die an junge Menschen gestellt werden, sind enorm: Du sollst einen guten Job finden, Du sollst einen tollen Partner finden, Du sollst Erfahrungen fürs Leben machen, Du sollst Abenteuer erleben, Du sollst ganz viel ausprobieren. Aber bitte nur bis 27 einhalb, denn dann musst Du sesshaft werden und am besten ganz viel Geld in Deinem Traumjob verdienen, damit Du dann die Traumhochzeit vor 30 noch nach Hause holen kannst. Dass das völlig utopisch ist, liegt auf der Hand. 

Oftmals bist Du mit diesem Gefühl nicht alleine. Sprich doch mal Freunde darauf an, ob es ihnen ab und zu auch so geht. Denn oft hilft es schon ungemein, zu merken, dass man mit einem Problem nicht alleine ist und dass es nicht an einem selbst liegt, sondern – wie in diesem Fall – eine ganze Generation betrifft.

2. Tipp: Kurzfristige Ziele und positive Aktivitäten

Ein Charakteristikum der Quarterlife-Crisis ist das Gefühl der Unsicherheit. Du weißt nicht, wie Deine Zukunft aussehen wird und weißt vielleicht auch gar nicht, was genau Du möchtest. Hier hilft es, kurzfristiger zu denken, zum Beispiel von Woche zu Woche. 

Daher plane Deine nächste Woche und achte dabei darauf, dass Du schöne Aktivitäten mit einplanst. Oftmals wird die Krise nämlich verstärkt, weil Du durch den ganzen Stress vergisst, die Dinge zu tun, von denen Du eigentlich weißt, dass sie Dir zuverlässig Spaß bringen. Außerdem können positive Aktivitäten können auch wieder eine neue Dynamik in die Situation bringen. Daher ist es wichtig, dass Du pro Woche mindestens drei Dinge einplanst, auf die Du Dich freust (oder normalerweise freuen würdest). 

3. Tipp: Sondiere: Wo versuchst Du einem Idealbild der Gesellschaft zu entsprechen? 

Vielleicht fällt es Dir momentan schwierig zu sondieren, was Du eigentlich möchtest. 

Leichter ist es womöglich, Dich zu fragen, wo Du versuchst, einem Idealbild zu entsprechen, was Dir die Gesellschaft, Deine Eltern, Deine Freunde auferlegt haben. Wenn Du einen Bereich identifizieren kannst, der stark von außen gelenkt ist, dann lohnt es sich, genauer hinzusehen: Möchtest Du wirklich ein erfolgreicher Bänker werden oder ist das das Idealbild der Eltern? Willst Du wirklich auch in einem dörflichen Einfamilienhaus leben oder ist es nur das, was Deine Freunde oder Geschwister machen? 

Die Quarterlife-Crisis kann ein Hinweis darauf sein, dass Du momentan nicht gemäß Deinen eigenen Wertvorstellungen lebst. Darum ist das nun die Chance, herauszufinden, was denn Deine Wertvorstellungen genau beinhalten. Denn manchmal hilft es schon sehr viel, zu wissen, was man nicht möchte.

4. Tipp: Vergleich Dich weniger mit anderen. 

Die Krise wird beständig dadurch befeuert, dass Du Dich mit anderen Menschen in Deinem Alter vergleichst und das Gefühl hast, schlechter abzuschneiden. Wenn Du wissen möchtest, welche Auswirkungen soziale Vergleiche haben können, wenn es einem nicht gut geht, lies unseren Artikel zu diesem Thema.

Fakt ist: Dies ist nicht die Zeit für abstrakte Vergleiche, schon gar nicht über die sozialen Medien. Dies ist die Zeit für echte und authentische Gespräche mit Menschen, die Dir ähnlich sind oder Dich sehr gut kennen. Denn so kannst Du zu mehr Kraft und Orientierung finden. 

5. Tipp: Entkatastrophisierung der Torschlusspanik

Ein großer aufrechterhaltender Faktor der Krise ist die Torschlusspanik: Irgendwie hast Du das Gefühl, vor einem rollenden Zug zu stehen und aufspringen zu müssen, andernfalls etwas Wichtiges zu verpassen. 

Aber das ist nur ein Gefühl, denn Du bist noch sehr jung. Du kannst alles, was sich später als falsch herausstellen sollte, korrigieren. Außerdem muss Dein Leben nicht wie im Bilderbuch verlaufen. Lebensphasen verschieben sich. Du hast mit 40 keine Familie? Völlig egal – in jedem Alter kannst Du sesshaft werden. Warum solltest Du Dich nach vorgeschriebenen Lebensphasen verhalten?  Wenn Dir die Gesellschaft diesen Druck auferlegt, dann doch häufig, weil jeder selbst diesen Druck spürt und daher auch möchte, dass andere ihn spüren.

Mach Dich frei davon, es gibt keinen Grund zur Panik. Alter ist nur eine Zahl.

6. Tipp: Licht am Ende des Tunnels 

Eines ist gewiss: Die Krise wird vorbeigehen, auch wenn Du das aktuell nicht glaubst. Kennst Du das Phänomen der „Regression zur Mitte“? Damit ist das statistische Phänomen gemeint, dass nach einem extremen Messwert die Werte danach weniger extrem werden. Daher haftet Krisen immer eine beruhigende Gewissheit an: Ab einem gewissen Punkt wird es aufwärts gehen. Eine für mich persönlich sehr beruhigende Vorstellung.

Außerdem ist eine Krise meist eine Zeit des persönlichen Wachstums5. Darum ist es wahrscheinlich, dass Du mit einem besseren Verständnis über Dich und die Welt aus der Krise herauskommen wirst.

7. Tipp: Such Dir im Notfall Hilfe in einer Psychotherapie!

Wenn Du das Gefühl hast, die Situation alleine nicht mehr gut bewältigen zu können, dann kann Dir eine Psychotherapie helfen. Psychotherapien werden von der Krankenkasse bezahlt, sofern Du Dich von einem psychologischen oder ärztlichen Psychotherapeuten behandeln lässt, welcher in einem Richtlinienverfahren (z.B. Verhaltenstherapie, systemische Therapie) arbeitet. Es ist möglich, Kurzzeittherapien (12-24 Sitzungen) zu beantragen, welche in einer solchen Krise, welche nicht zwangsläufig von einer tiefgreifenden zugrundeliegenden psychischen Erkrankung begleitet sind, oftmals ausreichen!

Solltest Du bei niedergelassenen Psychotherapeuten keinen Platz finden, lohnt es sich oftmals, sich an Hochschulambulanzen oder Ausbildungsinstitute für Psychotherapeuten zu wenden. Weil dort mehr Therapeuten, könntest Du dort schneller einen Platz bekommen. 

Ich hoffe, dass diese Tipps Dir helfen, Deine persönliche Quarterlife-Crisis zu erkennen und zu überwinden. Wenn wissen möchtest, wie Du mit Deiner individuellen Persönlichkeit langfristig erfolgreich und glücklich werden kannst, könnte auch dieser Artikel relevant für Dich sein.

Literatur

[1] Robbins, A., & Wilner, A. (2001). Quarterlife crisis: The unique challenges of life in your twenties. New York, NY: Penguin Putnam.

[2] Arnett, J. J. (2000). Emerging adulthood: a theory of development from the late teens through the twenties. American Psychologist, 55, 469–480. 

[3] Robinson, O. C. (2015). Emerging adulthood, early adulthood and quarter-life crisis: updating Erikson for the 21st Century. Emerging adulthood in a European context. New York: Routledge.

[4] Robinson, O. C., and Wright, G. R. T. (2013). The prevalence, types and perceived outcomes of crisis episodes in early adulthood and midlife: a structured retrospective-autobiographical study. International Journal of Behavioral Development, 37, 407–416. 

[5] Stevens, R. (2008). Erik H. Erikson: Explorer of identity and the life cycle. Macmillan International Higher Education.

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