Die Psychotherapeutin und Yogalehrerin
Im Interview
Die systemische Psychotherapeutin und Yogalehrerin
Elisa spricht über ihre Erfahrungen an der Schnittstelle zwischen Yoga und Psychotherapie. Sie berichtet über ihre Begeisterung für die Arbeit mit Menschen aus einer ganzheitlichen Perspektive, welche schließlich in der Entwicklung einer eigenen Ausbildung „Yoga als Methode“ mündete.
About
Über Elisa Holderied
Elisa ist Psychotherapeutin, Psychologin und Yogalehrerin und ihre größte Leidenschaft ist es, Dinge aus unterschiedlichen Perspektiven anzuschauen und dadurch ein anderes Bild von der Welt zu bekommen. Schon immer befand sie sich zwischen unterschiedlichen Dingen, Personengruppen, Orten oder Umständen: Zwischen kleiner und großer Schwester, Dorf und Stadt, Italien und Deutschland. Elisa war bei Pakistanern zuhause, bei einer Albanerin oder einem afrikanischen Flüchtling – so hat sie in unterschiedliche Welten hineingeguckt, verschiedene Lebensrealitäten gesehen.
In ihrer Ausbildung setzte sich dieses Phänomen fort. Aus ihrer Begeisterung für alles Menschliche studierte sie Psychologie und machte eine Coaching-Weiterbildung. Gleichzeitig bildete sie sich aber auch als Fitnesstrainerin aus und kam durch ein Jahr in Indien zum Yoga. Sie gab körperbewusste Kurse für depressive Frauen in einem Flüchtlingsheim und bemerkte in diesem Zuge, wie wichtig die Kombination aus Körper und Psyche ist. Immer mehr ging es ihr um einen ganzheitlichen Ansatz. Nach dem Studium begann sie in Köln die Weiterbildung zur systemischen Psychotherapeutin.
Nebenher hat sie ihren Ansatz weiter aufgebaut, in welchem Psychotherapie durch Yoga ergänzt wird. Denn Yoga verbindet alles: Durch die Asanas wird das Muskel- und Skelettsystem angesprochen. Durch Pranayama-Atemübungen wird ein direkter Zugang zum autonomen Nervensystem hergestellt, durch Meditation wird die Beobachtungsfähigkeit geschult. Yoga ist sowohl ein Element, um den Körper in den Prozess miteinzubeziehen, als auch ein Element der Selbsterfahrung. Aktuell hat Elisa mit ihrer Kollegin Christina Zimmermann eine Ausbildung entwickelt, um mit Yoga als Methode den psychologischen Prozess zu unterstützen. Die Ausbildung richtet sich an Coaches, Therapeut*innen und Interessierte.
Reingezoomt
Ein Arbeitstag
„Meine Tage sehen grundsätzlich unterschiedlich aus, folgen aber einer gewissen Struktur. Direkt nach dem Aufstehen mache ich täglich Yoga. Das ist meine Zeit, in der ich mich um mich kümmere und schaue, was ich gerade brauche. Manchmal führt das dazu, dass ich nur Atemübungen mache, manchmal mache ich eine geleitete Yoga-Session.
Dann beginnt mein Tag mit etwas Organisation und E-Mails. Ich blocke mir Zeiten für die Praxis, das Dokumentieren und Organisieren und auch Netzwerken, Social Media und Contentplanung. Meist habe ich täglich ein paar Klient*innen, so etwa fünf Personen pro Tag, welche ich online oder in Präsenz sehe. Auch mache ich jeden Tag etwas Sportliches – in der Mittagspause oder abends.
Meine Arbeitszeiten gestalte ich sehr flexibel. Mal mache ich eine lange Sportpause, an anderen Tagen sitze ich bis 21 Uhr am Schreibtisch. Ich versuche jedoch aus Eigenschutz, ab gewissen Uhrzeiten arbeitsbezogene Dinge nicht mehr zu machen.“
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Work-Life-Balance
„Ich finde das Konzept schon wichtig. Es ist wichtig, die Arbeit auch mal Arbeit sein zu lassen – gerade wenn es auch Teil der Identität und Lebensphilosophie ist. Insbesondere als Selbstständige sollte man sich immer wieder verdeutlichen, dass man mehr ist als nur der Beruf. Wir brauchen alle mal wieder eine Abwechslung und Auszeit. Daher habe ich den Sport- und Fitnessbereich aus meinem Arbeitsleben herausgeschnitten, arbeite also nicht mehr als Fitnesstrainerin. So betreibe ich den Sport nur noch für mich und habe somit wieder einen Bereich, in dem ich komplett abschalten kann.“
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Das Thema Traumberuf
„Ob man seinen Traumberuf findet, kommt auch darauf an, welche Rolle man der Arbeit in seinem Leben einräumt. Ich finde es genauso gut und akzeptabel, die Arbeit als Erwerbsquelle zu sehen wie sich über die Arbeit selbst zu verwirklichen. Denn beides hat Vor- und Nachteile.“
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Sollte man wissen, wo man in 10 Jahren stehen möchte?
„Es erscheint mir schon wichtig, ein Ziel oder eine Vision zu haben, um eine Richtung zu haben. Dennoch ist es mein Ziel, in 10 Jahren nicht mehr dieselben Ziele zu haben wie jetzt, denn das bedeutet, dass ich im Prozess bin und mich weiter entwickelt habe. Klar wünsche ich mir, in 10 Jahren anders im Leben zu stehen als jetzt, aber ich würde das eher an Gefühlszuständen festmachen und weniger an bestimmten Dingen, die ich im Außen realisiert habe.“
systemische Psychotherapeutin
Der Job
Wie wird man Psychotherapeutin?
Um Psychologische Psychotherapeutin zu werden, ist es seit 2020 möglich, ein Direktstudium Psychotherapie zu absolvieren, welches aus einem dreijährigen Bachelor und einem zweijährigen Master besteht und mit einer staatlichen Prüfung abschließt. Damit erhält man die Approbation und kann bereits Patient:innen behandeln. Möchte man aber mit den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen, ist noch eine anschließende Weiterbildung notwendig.
Wie sind die Verdienstmöglichkeiten?
Es treffen unterschiedliche Märkte aufeinander. Zum einen der Gesundheitsmarkt: Die Vergütung von Psychotherapie ist klar geregelt in der Gebührenordnung für Psychotherapeut*innen und umfasst maximal 153 Euro pro Stunde. Der Coaching- und Yogamarkt ist ein freier Markt. Eine Coachingstunde kostet im Mittel zwischen 150-200 Euro, teils deutlich mehr. Im Personal Training verdient man ca. 120 Euro pro Stunde. Je nachdem, an welche Zielgruppe man sich als Coach richtet, bieten sich unterschiedliche Preisgruppen mehr oder weniger an.
Welche Stressoren bringt Dein Beruf mit sich?
- Die absolute Freiheit als Selbstständige bringt auch eine extreme Verantwortung mit sich, es auch wirklich zu schaffen.
- Man ist immer selbst schuld, wenn etwas nicht läuft.
- Es ist anstrengend, immer wachsam und im Austausch sein zu müssen.
- Außerdem glaube ich, dass es für Psychotherapeutinnen eine Herausforderung ist, Werbung für sich selbst zu machen.
- Alles, was ich mache, hat damit zu tun, anderen Menschen einen Raum zu geben. Das ist schön, aber auch anstrengend.
- Der Psychotherapeutenberuf kann sehr einsam sein, weil man sich zurückhält und der anderen Person Raum gibt.
Welche Glücksmomente gibt es?
- Wenn man merkt, dass sich etwas tut, und man eine Person wirklich unterstützen kann.
- Wenn Klient*innen wirkliche Dankbarkeit zum Ausdruck bringen.
Welche Eigenschaften sollte man als Psychotherapeutin haben?
- Softskills wie Empathie, Reflexionsfähigkeit
- Entscheidungskompetenz
- Struktur und Organisationsfähigkeit
- Disziplin
- Abgrenzungsfähigkeit
- Gut im Kontakt mit Menschen sein
Denkanstöße
Der Psychotherapeutenberuf ist ein Beruf, in dem man sich viel mit sich selbst auseinandersetzt, denn man wird immer wieder auf sich selbst zurückgeworfen und lernt nicht zuletzt durch die Klient*innen und Patient*innen viel über Menschen – und sich selbst. Und auch das Yogatool ist etwas, was einen immer dazu bringt, mit sich selbst in den Kontakt zu kommen.
Um dem Ganzen einen Gegenimpuls zu setzen und nicht auszubrennen, nutzt Elisa Sportarten, bei denen sie sich einfach mal auspowern kann, wie zum Beispiel Crossfit. Doch ihre Yogamatte hat sie immer neben sich liegen und wenn sie merkt, dass sie nicht mehr kann, macht sie ein paar Dehn- oder Atemübungen. Zudem geht sie viel spazieren und achtet darauf, viel mit Menschen zu reden. Neuerdings fährt sie mit ihrem Freund in einem ausgebauten Hochdachkombi ins Bergische Land oder in die Eiffel. Diese Auszeiten in der Natur sind wichtige und kraftspendende Momente für sie geworden.
Kennst Du schon das Interview mit Anna Lübberding? Sie ist ebenfalls Psychotherapeutin und hat eine Praxis gegründet.