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Die Recruiterin

Im Interview

Die Recruiterin

Sina spricht über den Schritt von der angestellten Personalberaterin hin zur freiberuflichen Recruiterin, über den Konflikt zwischen Selbstverwirklichungswunsch und Sicherheitsbedürfnis und über die Herausforderungen der Doppelrolle als Berufstätige und Mutter. 

About

Über Sina Pluth

Vor fast neun Jahren zog es Sina aus einem kleinen Dorf im Dreiländereck in Süddeutschland in die Großstadt. Ob Hamburg, München oder Berlin – das war ihr zunächst egal. Mittlerweile lebt und arbeitet sie fast ein Jahrzehnt in der Hansestadt, ist verheiratet, Mutter einer kleinen Tochter, freiberufliche Human-Resources-Beraterin und Recruiterin. 

Dass sie in die Personalbranche möchte, war Sina keineswegs von Anfang an klar. Zunächst hat sie Soziologie studiert. In diesem Zuge wurde ihr schnell bewusst, dass sie gerne etwas Praxisorientiertes machen möchte. Daher hat sie im Master den Schwerpunkt auf den Bereich des Personalwesens gelegt. Sicherheit war ihr immer wichtig und ihr Gedanke war damals: „Jedes Unternehmen hat Personal.“ Nach dem Master kam sie für ein Praktikum nach Hamburg und bekam im Anschluss ihren ersten richtigen Job in einer Personalberatung. Dort hat sie Kandidat*innen über Xing rekrutiert. Nach 2,5 Jahren wechselte sie dann zum Unternehmen Xing, um näher an den Kandidaten und Kandidatinnen zu sein. Nach weiteren 1,5 Jahren wechselte sie in ein mittelständisches IT-Unternehmen und machte dort das gesamte, teilweise internationale Recruiting alleine. 

Ein Wendepunkt in ihrem Leben war die Geburt ihrer Tochter. Durch die neue Rolle begann Sina, sehr viel mehr zu hinterfragen und das Leben bewusster zu betrachten. Verschiedene Rollen und Wünsche standen in Konflikt. Der Wunsch nach persönlicher Selbstverwirklichung war nach wie vor stark. Somit war klar: Beruflich muss sich etwas ändern. Daher beschäftigte sich Sina in ihrer Elternzeit auch mit möglichen beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten, dem Konzept des Traumjobs und ihren Werten. Trotz ihres großen Sicherheitsbedürfnisses stand am Ende dieses Prozesses der Schritt in die Freiberuflichkeit. „Ich hatte das Gefühl, mal etwas wagen zu müssen.“

Reingezoomt

Ein Arbeitstag

„Ich fange um 8 Uhr morgens an, manchmal auch um 9, wenn ich zuvor noch zum Sport gehe. Dann checke ich zunächst meine Mails. Der weitere Tagesablauf  ist projektabhängig und daher sehr individuell. Mal führe ich Interviews mit potentiellen Kandidat*innen. Mal habe ich Meetings mit Fachberatern oder muss einen Bericht abgeben. Ich schaue Bewerbungen an, bereite mich auf Interviews vor. 

Zum Glück kann ich mir meine Arbeitszeit frei einteilen und kann somit zeitlich und örtlich flexibel arbeiten. Insgesamt arbeite ich 20 bis 30 Stunden wöchentlich. Den Rest der Zeit kümmere ich mich um meine Tochter.“ 

"Beruflicher Erfolg ist, wenn man sich Sonntag wieder auf die Arbeit freut, gerne aufsteht, und vor der Arbeit nicht angespannt ist."

Sina Pluth

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Work-Life-Balance

„Ich glaube schon, dass das ein sinnvolles Konzept ist. Aber ich vermute ebenso: Wenn man den Job so gerne mag, dass er sich nicht wie Arbeit anfühlt, dann braucht man die Balance in der Form vermutlich nicht.“

Was denkst du über ...

Das Thema Traumberuf

„Ich glaube, jede Person, die meint ihren Traumberuf gefunden zu haben, kann sich glücklich schätzen. Aber ich glaube, dass das Finden des Traumberufes ein dynamischer Prozess ist, denn Einstellungen und Ansichten ändern sich. Daher ist es meiner Meinung nach wichtig, offen zu sein, und es ist nicht so schlimm, wenn man nicht von Beginn an weiß, was man möchte. Unter anderem durch die Digitalisierung ändert sich Vieles und neue Möglichkeiten ergeben sich.“

Was denkst du ...

Sollte man wissen, wo man in 10 Jahren stehen möchte?

„Ich persönlich weiß das nicht, denn ich finde Flexibilität sehr wichtig. Natürlich sind Ziele wichtig, weil man etwas braucht, was man verfolgen kann. Aber 10 Jahre erscheint mir zu langfristig. Ich setze mir kurzfristigere Ziele. Zum Beispiel mache ich ab Mai eine Ausbildung zum Systemischen Coach. Ob ich die dort neu erworbenen Skills für meinen Beruf nutzen möchte oder zusätzlich noch als Coach arbeiten möchte, lasse ich mir noch offen. Darüber hinaus habe ich mir derzeit noch keine Ziele gesetzt. Bei der Findung von neuen Zielen orientiere ich mich zum Beispiel daran, welche Fähigkeiten mir beruflich nützen könnten.“

Recruiterin

Der Job

Wie wird man Recruiterin?

Die meisten Recruiterinnen haben, wie Sina, einen Hochschulabschluss in relevanten Bereichen wie Psychologie, Betriebswirtschaft oder Personalmanagement. Es gibt auch spezielle Ausbildungen im Personalwesen, die zur Arbeit als Recruiterin qualifizieren, z.B. die Ausbildung zum Personaldienstleistungskaufmann/-frau oder zum/zur Personalfachkaufmann/-frau. Auch ist es möglich, als Quereinsteigerin in den Beruf einzusteigen, z.B. wenn man bereits Erfahrung im Vertrieb, Marketing oder in der Kundenbetreuung gesammelt hat.

Wie sind die Verdienstmöglichkeiten?

Die Verdienstmöglichkeiten sind gut. Natürlich schwanken sie von Projekt zu Projekt – je nachdem welche Stelle zu besetzen ist. Aufgrund des Fachkräftemangels ist die Nachfrage nach erfahrenen Recruiterinnen mit Netzwerk aber sehr groß. Das Gehalt steigt auch mit der Verantwortung: Wenn man beispielsweise eine Führungsposition erfolgreich besetzt, kann man schon mehr verlangen.

Welche Stressoren bringt Dein Beruf mit sich?

  • Es gibt einen gewissen Druck, weil ich als Freiberufliche einen gewissen Stundensatz habe. Daher werden von Unternehmensseite schnell Ergebnisse erwartet. Gleichzeitig haben natürlich auch die Kandidat*innen gewisse Ansprüche. 
  • Da ich mit Menschen arbeite, kann ich Prozesse nur bedingt beeinflussen. Damit ein Projekt erfolgreich ist, müssen viele Zahnräder ineinander greifen. Wenn man Zeit und Energie investiert und das dann keine Früchte trägt, kann das schon frustrierend sein.

Welche Glücksmomente gibt es?

Es freut mich sehr, wenn ich einen tollen Kandidaten gefunden habe. Besonders schön ist es, zu sehen, wenn sich die Kandidaten im Unternehmen weiterentwickeln. Außerdem ist es toll, dass ich durch meinen Beruf so viele unterschiedliche Menschen kennenlerne. Die vielen Geschichten und Lebensläufe finde ich spannend!

Welche Eigenschaften sollte man im Recruiting haben?

  • Offenheit und Kommunikationskompetenz
  • Man sollte eine gute Netzwerkerin sein: Kontakte pflegen, gut in Erinnerung bleiben
  • Belastbarkeit
  • Empathie
  • Hohe Auffassungsgabe
"Ich habe mich erst nicht getraut, mich selbstständig zu machen. Aber dann dachte ich mir, dass ich keine Entscheidung aufgrund von Angst treffen möchte.."
Sina Pluth

Denkanstöße

Die letzten Jahre waren besonders lehrreich für Sina, denn durch die Mutterrolle hat sie gelernt, dass sie weniger als zuvor gewohnt kontrollieren kann. Gemeinsam mit dem schnelllebigen und unvorhersehbaren Geschäft als Recruiterin hat das Sinas Persönlichkeitsentwicklung stark vorangetrieben. Sie hat gelernt, dass Abgrenzung und die Fähigkeit, Dinge nicht persönlich zu nehmen, in ihrem Beruf extrem wichtig sind. „Gerade bin ich dabei, zu lernen, dass ich nicht dafür verantwortlich bin, was andere Menschen fühlen, wenn ich etwas tue“, sagt sie.

Als Ausgleich zu ihrem beanspruchenden Berufsalltag macht Sina leidenschaftlich gerne Sport, schaut gerne Fußball und begeistert sich seit Kurzem für Achtsamkeit und Meditation. Dadurch fällt ihr der Wechsel zwischen der Tätigkeit als Mutter und der Arbeit mittlerweile etwas leichter.

Sina spricht sich klar für die Wichtigkeit ihrer beruflichen Selbstverwirklichung für ihr Wohlergehen aus: „Die Arbeit gibt dem Tag Struktur. Man hat das Gefühl, etwas Bedeutsames zu tun.“ Daher komme für sie auch nicht in Frage, früher in Rente zu gehen, denn der Wunsch ist da, auch im Alter noch Spaß an der Arbeit zu haben und auf diese Weise Sinn und Erfüllung zu finden. 

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Hier erfährst Du mehr über Sina!

Kennst Du in diesem Zusammenhang schon das Interview mit der Headhunterin Neele Riemann?

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