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Die Pilotin

Im Interview

Die Pilotin

Julia Peukert spricht über ihre Erfahrungen aus über 20 Jahren im Cockpit und ihre Leidenschaft fürs Fliegen. Sie betont die Freiheiten und die Flexibilität, die ihr als Pilotin zuteil werden. Sie appelliert an junge Frauen, den Beruf in Erwägung zu ziehen, mutig zu sein und sich bei der Berufswahl nicht verunsichern zu lassen.

About

Über Julia Peukert

Julia hat ihre Leidenschaft durch den Beruf gefunden. Das merkt sie jedes Mal, wenn sie zum Flughafen fährt, wenn sie das Cockpit betritt, aus dem Fenster der Maschine schaut, bei jedem schönen Sonnenuntergang, den sie beobachtet. Die 42-jährige Berlinerin ist verheiratet, Mutter zweier Kinder und aus vollem Herzen Pilotin. 

Nach der Schule wusste Julia zunächst nichts mit sich anzufangen, hat erstmal irgendein Studium begonnen, fühlte sich ziellos. Doch zum 19. Geburtstag bekam sie einen Fallschirmsprung geschenkt, welcher sie tief beeindruckte und die Begeisterung für die Lüfte weckte. Anschließend bewarb sie sich für die Flugschule. Bereits während der Assessments merkte sie, dass genau ihre Stärken gefordert waren. Spätestens beim ersten Flug in der praktischen Ausbildung an der kroatischen Adriaküste war sie dann völlig fasziniert, dass man damit auch noch Geld verdienen könne.

Von 2004 bis zur Insolvenz der Fluggesellschaft im Jahre 2017 war Julia bei Air Berlin. Im Anschluss wechselte sie zu easyJet. Seit 2021 ist sie bei ihrem jetzigen Arbeitgeber Discover Airlines, einer deutschen Fluggesellschaft, welche Teil der Lufthansa-Gruppe ist. Sie fliegt ein A320 Mittelstreckenflugzeug und bedient von ihrem Startflughafen Frankfurt am Main aus die kanarischen Inseln, den Mittelmeerraum oder Griechenland. In der Regel arbeitet sie 4-6 Tage am Stück, pendelt dann nach Berlin zurück und verbringt ein paar freie Tage mit der Familie. 

 

Reingezoomt

Ein Arbeitstag

„Eine Stunde vor dem Abflug treffe ich mich mit dem Ersten Offizier im Crew-Raum. Zunächst besprechen wir den Flug, bestimmen die Tankmenge, schauen den technischen Zustand des Flugzeuges und die Passagierliste an. Dann treffe ich auf die Besatzung und bespreche den Flug noch einmal komplett durch, von der Herkunft des Fliegers bis hin zu technischen Details oder der Wetterlage auf der Strecke.

Daraufhin beginnt das Boarding und Loading, welches ich als Pilotin zu überwachen habe. Zwar gibt es Boarding- und Loading-Personal an den Flughäfen, jedoch unterstehen diese Prozesse meiner Verantwortung. Wenn das Boarding und Loading beendet ist und der Flieger abhebt, kann ich durchatmen. Ich fliege Kurzstrecke und ein Arbeitstag besteht aus einem Hinflug ins Zielgebiet und dem Rückflug nach Frankfurt. Anschließend setze ich mich mit der Kabinenbesatzung zu einem Debriefing zusammen. Wenn ich den Crew-Raum dann verlasse, ist Feierabend.“

"Erfolg bedeutet für mich, als Pilotin arbeiten zu können und das Standing als gute Pilotin innerhalb der Firma zu haben."

Julia Peukert

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Work-Life-Balance

„Die Work-Life-Balance ist ein großer Vorteil als Pilotin. Man hat eine perfekte Trennung zwischen Freizeit und Beruf, denn man nimmt nichts mit nach Hause. Auch der Schichtdienst ermöglicht eine gute Work-Life-Balance, sodass man auch unter der Woche mal Dinge erledigen kann. Das möchte ich nicht mehr missen. Hinzu kommt noch, dass man als Pilotin so viel verdient, dass man theoretisch auch in Teilzeit gehen kann. Somit ist der Job auch super mit der Familienplanung vereinbar.“

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Das Thema Traumberuf

„In meinem Fall hat der Traumberuf mich gefunden. Grundsätzlich glaube ich nicht, dass man nur den einen Traumberuf hat. Ein guter Weg, einen passenden Beruf zu finden, ist, denke ich, neben den Vorlieben auch darauf zu schauen, was man gut kann. So bin ich auch Pilotin geworden. Die Assessments in dem Prozess machen einen gut mit den eigenen Stärken und Schwächen vertraut.“

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Sollte man wissen, wo man in 10 Jahren stehen möchte?

„Nein. Das macht in meiner Branche wenig Sinn. Es kann alles passieren. So dachte ich in meiner Zeit bei Air Berlin zum Beispiel, dass ich dort bleiben werde. Nun bin ich bereits bei der dritten Airline und in der Lufthansa-Gruppe. Damit hätte ich nicht gerechnet. Auch die Coronazeit war eine unvorhersehbare Wendung. Daher weiß ich nicht, was in 10 Jahren ist und finde es aber sehr spannend zu sehen, wohin sich das entwickelt.“

"Du musst als Pilotin keine Überfliegerin sein. Wenn man ganz ehrlich ist, ist es ein sehr handwerklicher Job. Und das ist sehr gut erlernbar."
Julia Peukert

Pilotin

Der Job

Wie wird man Pilotin?

Um Pilotin zu werden, ist es zunächst notwendig, eine von der Luftfahrtbehörde zugelassene Flugschule zu besuchen. Ein Teil der Ausbildung besteht darin, eine bestimmte Anzahl von Flugstunden zu sammeln und am Ende eine praktische Prüfung zu absolvieren. Zudem wird der theoretische Unterricht mit einer theoretischen Prüfung über Flugzeugsysteme, Navigation, Meteorologie und andere relevante Themen abgeschlossen. Nach Bestehen der Prüfungen erhält man die Fluglizenz. Das Besuchen einer privaten Flugschule ist nicht günstig (Kostenpunkt 100 000 Euro), jedoch bieten die Flugschulen meist Finanzierungsmöglichkeiten an. Die Ausbildung dauert insgesamt ca. 2-3 Jahre. Julia hat sie in 20 Monaten absolviert. Es gibt auch die Möglichkeit, die Flugschule studien- oder berufsbegleitend zu besuchen.

Wie sind die Verdienstmöglichkeiten?

Der genaue Verdienst variiert von Airline zu Airline. Wenn man eine private Flugschule besucht, nimmt man dafür meist einen Kredit auf, hat dann aber als Ausgleich in den entsprechenden Airlines ein hohes Einstiegsgehalt, welches bei ca. 50 000 Euro jährlich liegt.

Welche Stressoren bringt Dein Beruf mit sich?

  • Der Schichtdienst: Wenn um 3:45 Uhr Check-In ist, dann muss ich mir schon gründlich überlegen, wann ich schlafe. Bei den Kollegen von der Langstrecke kommt noch die Zeitverschiebung als Stressfaktor hinzu. Man sollte sehr diszipliniert darauf achten, dass man seine Schlafzeiten einhält. 
  • Viele Checks und Kontrollen: Als Pilotin wird man sehr oft überprüft. Alle sechs Monate muss man in den Flugsimulator, trainiert dort Notfälle und wird gecheckt. Zudem durchläuft man einmal im Jahr einen Lizenz-Check vom Luftfahrtbundesamt, einmal im Jahr einen technischen Test und einen Line-Check, bei dem ein Trainer einen auf einem Linienflug begleitet. Für mich als langjährige Pilotin ist das kein großer Stressor mehr, aber die jüngeren Kollegen sollten sich darauf schon einstellen. 

Welche Glücksmomente gibt es?

  • Mich machen die tollen Orte, Städte, Inseln und Berge glücklich, die ich als Pilotin täglich sehe. Oft reicht schon ein Blick aus dem Flugzeugfenster und ich empfinde Glück. Auch ermöglich der Beruf mir kleine Erlebnisse, die ich in anderen Berufen nicht hätte: Zum Beispiel bestellen wir uns auf Mykonos immer Gyros, welches uns dann zum Flieger gebracht wird. 
  • An meinem Geburtstag durfte ich meinen Vater mit ins Cockpit nehmen, meine Tochter hat mich eine Woche begleitet. Diese Momente und Möglichkeiten machen mich glücklich.

Welche Eigenschaften sollte man als Pilotin haben?

  • Disziplin ohne Anspruch auf Perfektion
  • Offenheit und Flexibilität: Man arbeitet mit allen möglichen Kulturen. 
  • Geduld: Man ist am Flughafen nur ein kleines Rad und wartet einen Großteil des Tages auf Dinge, die man nicht beeinflussen kann, für die man aber verantwortlich ist.
  • Stressresistenz: Der Stress ist sehr punktuell. In den Stressmomenten muss man die Ruhe bewahren können.
"Ich war in meiner Ausbildung immer überall die einzige Frau. Meine beste Flugschulfreundin hieß Manfred"
Julia Peukert

Denkanstöße

Trotz der großen Verantwortung, die Julia in ihrem Beruf trägt, lief sie noch nie Gefahr auszubrennen. Durch die Flugzeit- und Ruhezeitregelungen ist sie als Pilotin gut vor sich selbst geschützt. Zudem gibt es die Möglichkeit, sich als Pilotin von der Arbeit abzumelden, ohne krank zu sein („Unfit-Meldung“). Das nutzt Julia auch ein- bis zweimal im Jahr, wenn zum Beispiel jemand aus der Familie krank ist oder sie so schlecht geschlafen hat, dass sie sich nicht in der Lage zum Fliegen fühlt. Dies ist eine sehr gute Möglichkeit, die eigene Gesundheit und Arbeitskraft zu schützen.

Neben dem Beruf tankt Julia Kraft durch die Zeit mit der Familie. Da sich die Kinder nicht für den Status der Mutter interessieren, erdet sie das Zusammensein sehr. Dennoch hat sie in der Coronazeit ihre Berufung so sehr vermisst, dass ihre Tochter ihr im Wohnzimmer ein Cockpit nachgebaut hat. 

Natürlich frage ich Julia nach der bemerkenswert niedrigen Frauenquote in ihrem Beruf: Nur knapp 7 Prozent aller Piloten sind weiblich. Auch Julia hat diesen Umstand in ihrer Ausbildung teilweise als belastend wahrgenommen, sich ab und zu eine Freundin gewünscht. Warum die Quote so niedrig ist? „Mädchen neigen eher dazu, sich zu unterschätzen und haben zudem manche Berufe nicht so auf dem Zettel. Ich wurde durch meinen Vater früh an technische Dinge herangeführt, sodass ich keine Berührungsängste hatte. Daher rate ich jeder jungen Frau, mutig zu sein. Macht das, worauf ihr Lust habt und lasst euch nicht verunsichern. Wir brauchen Pilotinnen!“

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